25 Jahre Österreich in der Europäischen Union: Teil 3
Wie sich globale Krisen auf marginalisierte Gruppen und die Mehrheitsbevölkerung auswirken, haben wir im zweiten Teil dieser Serie gezeigt. In diesem Teil zeigen wir, welche Rolle die Zivilgesellschaft bei der Kompensation globaler Fragestellungen einnimmt.
Alte Verpflichtung rostet nicht: Die EZA-Mittel Österreichs
Die nachbarschaftliche und solidarische Unterstützung der Starken für die Schwachen ist eine Grundlage für eine positive Entwicklung der EU. Die Mitgliedsstaaten und die Gemeinschaft werden auch vermehrt Verantwortung für die Ausbeutung der Länder des Südens übernehmen müssen. Der europäische Wohlstand darf nicht weiter auf der sozialen und wirtschaftlichen Schwächung globaler Regionen fußen, wenn unser eigenes Wertesystem ernst genommen werden soll. Als eines der wohlhabendsten Länder der Welt trägt Österreich aber seit jeher besonders wenig dazu bei, benachteiligten Ländern eine positive Perspektive zu ermöglichen Seit Jahren bewegen sich die österreichischen Entwicklungsgelder auf stabil niedrigem Niveau, zuletzt bei 0,26 % des BNE, während Deutschland 0,6 % Luxemburg 1,05 % und Schweden 0,99 % des BNE in staatliche EZA investieren. Gerhard Moßhammer weist hin: „Die österreichische Bundesregierung hat sich in ihrem Regierungsprogramm in diesem Jubiläumsjahr dazu verpflichtet, die Entwicklungsgelder schrittweise auf das Niveau der Selbstverpflichtung von 0,7 % des BNE anzuheben.” Diese Verpflichtung gewinnt vor dem Hintergrund einer herannahenden internationalen Wirtschaftskrise noch stärker an Bedeutung. “Entwicklungsprojekte schaffen Arbeit, Ausbildung und Lebensgrundlagen für Menschen in Ländern des globalen Südens und wirken dadurch Kriegen, Flucht und Wirtschaftsmigration entgegen. Positive Entwicklungen im Süden führen also zu einer Reduktion von Kriegen und dadurch von Flucht”, verdeutlicht Gerhard Moßhammer. Es scheint paradox, Steuergeld in die Grenzsicherung eines Binnenstaates in Europa zu investieren, während seit Jahrzehnten konstant wenig Mittel in EZA und Fluchtursachenbekämpfung fließen. “Wir hoffen sehr, dass die Regierung die Rufe der Zivilgesellschaft endlich aufgreift und ihre globale Verantwortung wahrnimmt.”
Prüfstein Menschenwürde
Geflüchtete Menschen haben sich in Österreich in den vergangenen 25 Jahren von einer unterstützenswerten Gruppe zum Sündenbock zahlreicher gesellschaftlicher Ungleichheiten und nun der aktuellen Pandemie entwickelt. Der Diskurs um Migration wurde zuletzt auch von den Regierungsparteien befeuert. Obwohl das gesellschaftliche Klima darunter leidet und Menschen in Flüchtlingslagern an den europäischen Grenzen unter fürchterlichen Umständen jahrelang auf ein Asylverfahren warten müssen, stemmen sich europäische Staaten gegen eine Solidarisierung des Asylwesens in der EU. “Österreich sollte seine solidarische Verantwortung gegenüber Geflüchteten stärker in den Vordergrund stellen. Als Täterland im 75. Jahr des Kriegsendes, 65 Jahre nach der Unterzeichnung des Staatsvertrags und 25 Jahre nach dem Beitritt zur Europäischen Union sollten wir das besser wissen”, stellt Martina Fürpass fest. So viele Länder der Welt haben Österreicher*innen im Laufe unserer Geschichte mit offenen Armen empfangen. “Dieser Geste kann der Staat nur gerecht werden, indem er sich heute für Menschen in Not einsetzt – ganz besonders, wenn sie auf unserem Kontinent, in unserer Nachbar*innenschaft, in unserem Wertesystem und unter dem Schutzschirm der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und der Europäischen Menschenrechtsdeklaration in Not geraten”, appelliert Martina Fürpass.
Viel zu häufig wird dieser Einsatz nicht mehr von staatlichen Akteur*innen, sondern von der Zivilgesellschaft geleistet. Im abschließenden Teil unserer Serie zum 25-jährigen Beitrittsjubiläum Österreichs zur Europäischen Union sehen wir uns an, wie die Zivilgesellschaft mit diesen Herausforderungen umgeht und welche positiven Lehren aus der aktuellen Krise gezogen werden können.
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